BAJANSENYE / UNGARN 2009

Bereits im Winter 2008 reifte der Entschluss, heuer wieder einmal gemeinsam ein altbekanntes Gewässer im nahen Ausland heimzusuchen. Die Rede ist vom „Krammer Stausee“ in Bajansenye / Ungarn. Der Zwettler Fischerstammtisch besucht dieses Gewässer bereits seit 2001 immer wieder auf der Jagd nach dem „20+ kg Karpfen“. Gleich vorweg – diese magische Marke ist noch immer nicht erreicht, wenngleich wir heuer wieder ein Stück näher gerückt sind.

Die Vorbereitungen für die heurige Angelreise haben schon früh im Jahr begonnen. Nachdem alle Kenner des Stausees mittlerweile wissen, dass die ertragreichsten Angelstellen ausgerechnet am anderen, schwer zugänglichen Seeufer liegen, mussten einige Stammtischbrüder zunächst in neues Equipment investieren um auch „long range“ in einer Entfernung von mehr als 300 Metern fischen zu können. Es waren also Rollen der Big-Pit-Klasse wie die Shimano Big Baitrunner Longcast oder Baitrunner-Rollen der 10000er-Serie nötig, um genug Schnurreserven auf den Rollen zu haben. Weiters setzten wir auf Ruten zwischen 12 und 13 Fuß mit 3 bis 3,5 lbs, da beim Spannen der Montagen mit Fixbleien zwischen 200 und 250 Gramm doch einiger Druck auf die Ruten kam. Als Hauptschnur fischten wir eine 14er Geflochtene mit 10 kg Tragkraft, der wir 25 Meter 35er Mono als Puffer vorschaltet haben. So war auch eine halbwegs sichere Bisserkennung auf die relativ große Entfernung gewährleistet. Hier möchte ich mich auch gleich bei Werner von den CarpBrothers für die hilfreichen Tipps für unseren Trip bedanken!

Am 10. Mai 2009 was es schließlich soweit. Punkt 10.00 Uhr starteten wir von Zwettl in Richtung Ungarn. Das hatten wir uns natürlich einfacher vorgestellt, denn irgendwie hatte bei der Terminwahl keiner an den Muttertag gedacht. Sagen wir mal, die Damen waren nicht gerade erfreut, dass wir so quasi als Muttertagsgeschenk ein paar Tage verschwanden, aber sie ließen uns schließlich ziehen. Wir haben es übrigens wieder nicht geschafft unter 3 Fahrzeugen und einem Anhänger für das Gerät von 5 Fischern auszukommen – es war wieder einmal viel zuviel dabei. Daran haben wir uns aber inzwischen schon gewöhnt und so ging es los.

Nach knapp 3,5 Stunden kamen wir bei Traumwetter und sommerlichen Temperaturen am See an. Wir lösten bei Aufseher Josef unser Fischerkarten, deponierten die Toilettesachen und das kleine Gepäck in den Zimmern und stärkten uns bei einem kühlen Bier.

Diesmal waren (v.l.n.r. gesehen) „Neumitglied Hannes“, Reinhard, Rudi, ich und Jürgen mit von der Partie.

 

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Team Bajansenye 2009

 

Beim Aufbau war Teamwork angesagt. Während Rudi und ich mit dem Echolot die künftigen Angelstellen aufspürten, mit Stabbojen markierten und gleich auch eine ordentliche Futteraktion starteten, machte sich der Rest der Truppe an den Campaufbau. Die Zelte, Angelplätze und vor allem unser neuer Pavillon als Gruppen-Treff mussten aufgebaut werden.

 

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Zusätzlich zu den gefütterten Angelstellen am „anderen Ufer“ wurde an jeder Angelstelle auch ein Futterplatz in Wurfdistanz angelegt. In der Nacht konnten die Montagen nicht mehr mit dem Boot ausgebracht, sondern nur mehr geworfen werden. Diese Distanz wurde für jeden Angler individuell ermittelt und auch mittels Stabbojen gekennzeichnet.

Bis dann für alle Fischer noch jede einzelne Montage ausgeführt war, reichte es uns allen einmal kräftig. Jeder war fix und fertig – den Aufwand hatten wir ehrlich gesagt ganz schön unterschätzt.  Jetzt wollte jeder nur mehr in Ruhe Abendessen und ein Bierchen genießen. Die Sonnenuntergänge und lauen Abende in Bajansenye sind übrigens unglaublich schön, ja fast schon romantisch.

 

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Schon während des Campaufbaus war nicht zu überhören, dass die Karpfen noch im Laichgeschäft waren. Das hatten die Angler vom Nachbarplatz auch als Grund für die spärliche Ausbeute ihrer Session genannt. Naja, so was kann man nicht ändern und wir beschlossen uns nicht entmutigen zu lassen. Die 1. Nacht verlief angeltechnisch sehr ruhig. Nachdem auch bei den anderen Fischern nichts biss, trafen wir uns im „Fischerstammtisch-Pavillon“ auf ein paar Bier vom Fass. Ein paar Bier ist gut, das Fass war am nächsten Morgen leer …..

 

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Den ganzen 11. Mai konnten wir lediglich ein paar kurze „Zupfer“ verzeichnen und nur eine „Köderkarausche“ landen. Nachdem die Karpfen sich noch immer lautstark am gegenüberliegenden Ufer vermehrten und offenbar die Nahrungsaufnahme auf später verschoben, hatten auch wir ungewollt unsere selige Ruhe.

Am Abend montierten wir für Jürgen die Karausche an einer „Knochen-Montage“ und brachten den Köder ca. 200 Meter in Seemitte aus. Jetzt konnte auch der „Riesenwels“ kommen. Das war gar nicht so unwahrscheinlich, denn der See hat einen sehr guten Bestand an großen Welsen.

 

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Am 12. Mai 2009 um 05.25 Uhr hatte Rudi endlich den langersehnten ersten Biss. Anhieb – Hänger – Sch…e! Die Köder lagen doch relativ nah an den Hindernissen und Baumstämmen – eben dort wo sich die Karpfen tummelten. Als Rudi schon aufgeben und die Montage abreißen wollte, merkte er plötzlich, dass sie die Schnur wieder leicht bewegte – der Fisch war also noch dran. Also her den Kescher, rein ins Boot und hinterher!  Ich war zuerst im Boot und Rudi sprang samt Rute hinterher. Das ist gar nicht so ungefährlich wenn man weiß, was die „Krammer-Boote“ für Nuss-Schalen sind. Egal, wir sind jedenfalls dem Fisch hinterher und es gelang uns den Karpfen direkt am anderen Ufer aus den Baustämmen zu dirigieren und sicher zu landen! Der erste Fisch unserer Reise war somit ein Spiegelkarpfen von exakt 11,00 kg! Etwa 3 Minuten nach dieser Aktion gab auch Reini´s Bissanzeiger laut.

Nach kurzem Drill konnten auch er einen wunderschönen Spiegelkarpfen von 12,30 kg – diesmal aber wie geplant vom Ufer aus – landen! Petri Heil!

 

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Rudi legte gleich um 07.30 Uhr noch einen Spiegler mit 7,65 kg nach!

 

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Jetzt war klar, die Karpfen hatten endlich die Futterplätze entdeckt und das ausgezeichnete Futter ließ sie sogar den „Sex“ vergessen. Jetzt sollte es ja Schlag auf Schlag gehen ….. oder auch nicht …..

Der wunderschöne Morgen und die guten Fänge konnten leider nicht darüber trösten, dass wir mit einer Schlechtwetterfront zu rechnen hatten. Bereits am Abend begann es leicht zu regnen und im Laufe der Nacht hatten wir unser erstes Unwetter – Gewitter inklusive.

 

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Jürgen, der nur 2 Funkbissanzeiger mit hatte, beschloss, seine Welsrute während der Nacht persönlich zu bewachen. Da er dies am besten vom Pavillon aus machen konnte, wurde er schließlich zum Beschützer unserer Neuerwerbung, die damit auch gleich ihre Feuertaufe hatte. Dank des stabilen Alu-Scherengerüsts hielt der Pavillon selbst Gewitter, Starkregen und Sturm stand. Mit unserem früheren Teil aus dem Baumarkt hätten wir da wahrscheinlich kein so großes Glück gehabt. Schön, wenn Qualität auch hält was sie verspricht!

Am 13.05.2009 um 00.30 Uhr ereilte Jürgen das „Glück des Tüchtigen“ und er legte den einzigen Schuppenkarpfen der Reise auf die Wiegematte. Petri Heil!

 

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Das nächste Mal meldete sich um 06.15 Uhr Rudi´s Bissanzeiger kräftig zu Wort. Der Einsatz beim Sprint zur Rute war wahrlich 100 %ig – fast ein bisschen zu schnell für den rutschigen Boden würde ich behaupten   …..  sagen wir mal, Rudi gab alles ….und noch mehr um rechtzeitig bei seiner Rute zu sein. Dieser Einsatz – inkl. Filmreifem Hechtsprung – wurde mit einem Spiegler von 6,25 kg belohnt und  bis zum Frühstück war die Hose auch wieder trocken …..

Am 13.05.2009 hatte Rudi die Karpfen „gepachtet“ und die beiden nächsten Fische bissen um 11.35 und 11.51 Uhr. Sie waren zwar mit 7,65 und 9,15 kg auch nicht die erhofften kapitalen Fänge, aber man darf mehr als zufrieden sein. Ich hatte die Ehre diese beiden Fische für Rudi zu drillen, da er leider noch nicht vom Frühstück zurück war. Für mich, der ich bis zu diesem Zeitpunkt nur Fehlbisse verzeichnen konnte, waren die beiden Drills aber wie eine Erlösung! Ich dachte schon ich fange gar nichts mehr bei diesem Ausflug.

 

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An diesem Tag hatten wir es auch schließlich geschafft die Karauschen bis zu unserem Platz zu füttern. Wir fingen ein paar sehr schöne Exemplare, die wir als Köder für die nächtliche Welsjagd reservierten. Leider waren uns die Welse heuer nicht hold. Wir konnten keinen einzigen Welsbiss verzeichnen.

Dafür hatten wir am Abend schon wieder mit einem Unwetter zu kämpfen. Dieses ungarische Gewitter lehrte uns wahrlich das fürchten. Wir sind allesamt sicher nicht übertrieben ängstlich, aber nachdem gleich gegenüber unseres Angelplatzes ein Blitz in den Wald einschlug, beschlossen wir das Unwetter in Reini´s Audi abzuwarten. So ein Faradayscher Käfig beruhigt doch ungemein. Nach 1 ½ Stunden war der Spuk soweit vorbei und unser Pavillon hatte wieder durchgehalten.

Am 14.05.2009 um 03.15 Uhr war schließlich auch meine Pechsträne vorbei und ich konnte nach langem Drill im strömenden Regen einen Spiegelkarpfen von 11,00 kg landen.

 

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Der Morgen brachte aber noch eine weitere Überraschung. Die Stunde von „Neu-Stammtisch-Bruder“ Hans war gekommen. Um Punkt 08.00 Uhr landete er einen makellosen Spiegelkarpfen, den ich eigentlich rein optisch schon zum Sieger der Session küren wollte.

Die „unbestechliche Waage“ zeigte aber nach Abzug der Wiegematte doch „nur“ 11,65 kg an. Das ist zwar der gute 2. Platz, aber optisch sah der Karpfen eher nach 15+ kg aus. Tja, so kann man sich irren.

 

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Die nächste Chance, um Reini doch noch vom Thron zu stoßen, hatte Jürgen um 10.15 Uhr. Doch sein Spiegelkarpfen mit 5,95 kg (präsentiert von Hannes) war gegenüber dem Siegerfisch von Reini auch nur ein „halbe Portion“.

 

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Somit war Reini der Sieg nicht mehr zu nehmen und der schwerste Karpfen der Session wog wie gesagt 12,30 kg. Wie schon eingangs erwähnt, blieb uns der 20+ Karpfen wieder verwehrt. Wir hatten aber ein paar Fische verloren, die sich unserer Erfahrung nach so angefühlt hätten, als wären sie der Traummarke nahe gewesen.

Klar, weiß man doch – die „nicht gefangenen Fische“ sind im die Größten!

Mit insgesamt 10 Karpfen, davon 4 über 10 kg, war der Ausflug trotzdem ein schöner Erfolg. Das Laichgeschäft war sicher nicht förderlich für den Fangerfolg, aber ich erinnere mich an Sessions am „Krammer-See“ wo wir in 4 Tagen und Nächten so gut wie gar nichts gefangen haben. Diesmal durfte jeder „seinen Fisch“ drillen und somit waren wir alle zufrieden mit dem Ergebnis.

Auf Wurfweite wurde übrigens nur 1 einziger Fisch gefangen, obwohl auch dort kräftig angefüttert war. Wie gesagt die Kapitalen wohnen weit draußen im See bzw. im Wald gegenüber ….

Am letzten Tag ging es nach dem Frühstück ans zusammenpacken. Diesmal trat erstmals seit Anbeginn unserer Ausflüge der „worst case“ ein. Alle Zelte und die gesamte Ausrüstung war vom Dauerregen durchnässt und auch am letzten Tag ließ uns die Sonne im Stich. Mehr brauche ich dazu nicht zu sagen. Wir mussten alles nass zusammenpacken und zu Hause wieder aufbauen bzw. trocknen. Das machte weniger Spaß, aber das gehört dazu – immer scheint eben nicht die Sonne!

 

Fazit:

 

Der „Krammer-Stausee“ gehört sicher zu einem der ertragreichsten Großkarpfen-Gewässer im nahen Ausland. Durch den stetig wachsenden Befischungsdruck wird es aber von Jahr zu Jahr schwieriger an den Fisch zu kommen. Es ist gelinde gesagt ein ganz schöner Aufwand der betrieben werden muss, um seinen Traumfisch zu überlisten. Trotzdem ist jederzeit der 20+ kg Karpfen möglich – unzählige Beispiele berichten davon.

Weil nur weit über Wurfweite regelmäßig gefangen wird, ist ein Boot unerlässlich. Da nur eine paar Boote vorhanden sind, wurden bei der Buchung keine Bootsreservierungen mehr entgegengenommen. Ein eigenes Boot mitnehmen war damals übrigens auch verboten (auch keine Schlauchboote).  Ein Futterboot ist bei solchen Distanzen nur eine Notlösung. Ich sah schon Fischerkollegen mit der Luftmatratze rausrudern, das macht aber auch nur bei Badetemperaturen Laune.

Davon abgesehen ist die Organisation soweit in Ordnung. Aufseher Josef spricht gut Deutsch, ist nett und hilft jeder Fischergruppe weiter. Wenn man die Regeln am See respektiert, dann gibt es auch keine Probleme. Wer am See angelt und campiert sollte auch ein Zimmer mitbuchen – schon wegen WC und Dusche. Es gibt zwar WC´s für Fischer im Freien beim See, aber ich habe mein Zimmer vorgezogen. Im Haus selbst ist übrigens für ausreichend Kühl- und Gefriergeräte gesorgt, damit Getränke und Köder frisch bleiben.

Je nach Angelplatz bedeutet Frühstück einen Fußmarsch von bis zu 30 Minuten – der See hat schließlich ca. 50 ha und der Damm ist verdammt lang …..

Mit Fahrzeugen darf nur die Ausrüstung am ersten Angeltag zum Platz gefahren und bei der Abreise wieder abgeholt werden.

Wem die kleinen Wehrmutstropfen nicht stören, dem kann ich einen wunderbaren Aufenthalt am „Krammer-Stausee“ versprechen – ich war schließlich schon 7mal dort.

Informationen über Preise, Kontakttelefonnummern, etc. findet ihr unter www.seepension-bajansenye.at.

Viele weitere Fotos sind wieder in der Rubrik GALERIE zu finden.

© Wilfried Brocks 2009