BRITISH COLUMBIA / KANADA 2002

Wie jeder Fischer träumte auch ich immer schon davon eines Tages in den unendlichen Weiten Kanadas meine Rute auszuwerfen und Lachse zu fischen. Wie das Leben manchmal so spielt, musste ich doch tatsächlich am 02. August 2002 beruflich nach Montreal/Kanada fliegen, um an einem Kongress teilzunehmen. Diese einmalige Gelegenheit konnte ich mir nicht entgehen lassen, beschloss den Beruf mit dem Vergnügen zu verbinden und buchte im Anschluss an den Kongress eine 10-tägige Tour nach Chilliwack/British Columbia an den legendären Fraser River.

So kam ich am 10. August 2002 mit der Canadian Air am Flughafen in Vancouver an, wo ich bereits von einem Crewmember der FRASER RIVER FISHING LODGE herzlich empfangen wurde.

Mit dem PKW fuhren wir schließlich ca. 1 Stunde in nordöstlicher Richtung dem Fraser River entlang, bis wir in Chilliwack ankamen. Dieser Ort hat den Flair eines österreichischen Dorfes mit 90.000 Einwohnern. Es gibt kein Haus das mehr als 2 Stockwerke aufweist und bis auf einen kleinen „Stadtkern“ steht ein schmuckes Einfamilienhaus mit gepflegtem Garten neben dem anderen. Sehr ruhig, sehr gemütlich und sehr beschaulich – British Columbia eben.

Da vorerst in der Lodge keine Zimmer frei waren, wurde ich im First Class Guesthouse, welches von den Schwiegereltern des Lodgeinhabers geführt wird, für 2 Tage untergebracht. Trotzdem fuhr ich noch am Abend zur Lodge um etwas Smalltalk mit den anderen Fischern zu führen.

Den Anblick werde ich nie vergessen! Die rustikal-edle Lodge liegt an den Hang des Fraser Valleys geschmiegt und bietet einen unglaublichen, kilometerlangen Ausblick über das Flusstal.

 

Aussicht

 

Nach ein paar Bieren und Fangberichten der anwesenden Fischer aus aller Welt, ließ ich mich zurück zum Gästehaus bringen, um auch sicher ausgeschlafen den kommenden Tag genießen zu können. Ich bereitete noch einiges an Equipment für den nächsten Tag vor, da ich keine Ahnung hatte, mit welchem Angelgerät ich konfrontiert sein werde. Das Prospekt warb nämlich damit, dass sämtliches Equipment für alle Arten der Fischerei gestellt wird.

Am 11. August 2002 – Punkt 05.00 Uhr – traf vor dem Gästehaus ein Pickup-Truck mit Bootsanhänger ein. Ich stieg ein und wir fuhren etwa eine halbe Stunde zum Fluss, wo das Boot vom Anhänger gleich in den Fluss gelassen wurde. Dann ging es im Höllentempo mit dem Jet-Antrieb flussaufwärts.

 

Slipanlage

 

Nach einer weiteren halben Stunde hatten wir offensichtlich eine gute Stelle gefunden, da auch schon einige andere Fischerboote in Ufernähe ankerten.

Mein eigenes Equipment, das ich mühsam von Österreich mitgebracht hatte, ließ ich übrigens gleich im Pickup als ich die Ruten und Rollen der Guides sah. Alles neu – alles vom Feinsten – Spitzengerät (Shimano, Quantum, etc.). Es bestand wirklich kein Grund eigenes Gerät zu benützen.

Steve – unser Guide – gab mir eine kurze Einweisung in Sachen „Lachsfischen und bottom bouncing“. Wir fischten auf Rotlachs – sog. „Sockeye“, die gerade in unglaublichen Massen vom Meer her in die Laichgründe aufstiegen.

Die Zusammenstellung des Gerätes war interessant: Spinnrute, 2,40 m, Wurfgewicht: 20-40 Gramm, extrem weiche Spitze – kombiniert mit einer kleinen 2000er Shimano Stationärrolle mit 25er monofiler Leine gefüllt. Dann kam der eigentlich interessante Teil: An einem „sea boom“ wurde vor dem Wirbel ein Kugelblei von etwa 30 Gramm eingehängt – danach ein ca. 12 Meter langes Vorfach mit einem kleinen „Spin-n-glow“ und freiliegendem Einzelhaken. Eines gleich vorweg, 12 Meter lange Vorfächer auszuwerfen, während noch 2 andere Personen im Boot stehen, ist anfangs doch sehr gewöhnungsbedürftig.

Also nun zur Technik: Steve gab mir genaue Anweisungen das Blei schräg stromauf zu werfen und die Schnur auf Spannung zu bringen. Jetzt kann man bis ins Handteil der Rute spüren, wie das Blei am Grund entlang „bounct“. Sobald Zug auf die Schnur kommt – anschlagen – und drillen.

Gesagt getan! Ich warf also aus, spannte die Leine und nach etwa 20 Metern spürte ich einen Zug. Anschlag! Sitzt! Nach kurzem Drill legte ich den ersten Lachs meines Lebens auf die Planken des Bootes – Gewicht ca. 4 kg. Wow – das ging ja schnell! Also gleich nochmal! Auswerfen – spannen – Zug – Anschlag! Zweiter Wurf – zweiter Lachs! Ich war noch keine 10 Minuten am Wasser und hatte mein Fanglimit schon erreicht – na nicht schlecht!

 

Lachs_01

 

Den ganzen Vormittag konnte ich noch ca. 20 weitere Lachse bis etwa 8 kg landen, die wir alle schonend zurücksetzten. Steve packte das ganze überhaupt nicht – so was hatte er selbst noch nicht erlebt!

Nachdem die Arme vom vielen drillen schmerzten machten wir uns über das Lunchpaket her, während Steve die Fische versorgte, die später zum räuchern abgeholt wurden.

Am Nachmittag verlegten wir unseren Standort zu einer Bucht, wo sich eine regelrechte Rückströmung zum Hauptstrom gebildet hatte. In der Mitte war ein tiefes „Loch“ am Echolot auszumachen. Dort wollten wir unser Glück auf den König des Flusses, den weißen Stör, versuchen!

Der Fraser River ist einer der letzten Flüsse weltweit, die noch eine funktionierende Population an weißen Stören aufzuweisen hat. Das hat seinen Grund! Seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts ist lediglich catch-and-release erlaubt und die Verwendung von Schonhaken vorgeschrieben!

Die Gerätezusammenstellung wurde neuerlich skurril! Hochseeruten mit etwa 50 lbs Wurfgewicht und PENN-Multirollen mit 80er geflochtener Schnur – und das beim Fischen im Fluss – naja mal´ sehen! Nach etwa 30 Minuten bekamen wir die ersten Bisse, die wir jedoch nicht verwerten konnten. Aller guten Dinge waren 3! Der dritte Anhieb brachte schließlich den ersten gehakten weißen Stör.

Ab diesem Zeitpunkt war mir auch die Gerätezusammenstellung klar! Es entpuppte sich ein Drill, der jeden kapitalen Wels „alt“ aussehen ließ! Nach etwa 10 Minuten Drill fragte ich schließlich, ob ich doch den Gimbal haben könnte, den ich zuvor als „mädchenhaft und lächerlich“ abgelehnt hatte. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen fixierte Steve den Gimbal um meinen Bauch und das erleichterte mir den Drill gewaltig. Plötzlich hing die Leine durch – was ist den jetzt los dachte ich mir – als der Stör zur Gänze wie eine Regenbogenforelle raketengleich zur Gänze aus dem Wasser schoss. Was für ein Fisch!

 

Drill_01

 

Stoer_01
Mein erster Stör – 180 cm – ca. 60 kg

 

Fünfzehn Minuten später war es gewiss: Mein erster weißer Stör hatte 1,80 m (5 feet) bei einem Gewicht von ca 60 kg (120 lbs). Was für ein Erlebnis! Kurzes Foto und zurück in die Fluten. Das wars – der erste Tag war um! Für mich war bereits jetzt klar, dass sich die Reise mehr als gelohnt hatte und dass ich bereits am ersten Tag mehr sah, als ich zu hoffen gewagt hatte.

In der Lodge war bereits Chefkoch Warren am Werk! Er zauberte ein Dinner, das seinesgleichen sucht. Der Abend klang auf der Terrasse der Lodge aus, wo wir bei Fischergeschichten aus aller Welt die Sonne langsam im Fluss verschwinden ließen!

Die nächsten beiden Tage war mir das Glück zwar mit einigen schönen Rotlachsen hold – Stör fing ich jedoch keinen mehr!

Am 14. August 2002 war eigentlich mein „Ruhetag“ geplant. Aber wenn ich etwas nicht wollte, dann war es ein Ruhetag. Fischen war angesagt – das war jedoch nicht so ganz billig! Ein Guide samt Boot ganz allein – also single-guiding – das macht dann halt schon einmal 500 Can-$ extra. Naja, wann kommt man schon wieder nach Kanada – also nicht lang geknausert und gleich gebucht!

Dieser Tag sollte sich als ganz besonderes Erlebnis in die Reise eintragen. Mein Guide Kevin – Kanadier mit Innuit-Wurzeln – kannte den Fraser River noch um einiges besser als die übrigen Guides. Wir vereinbarten an diesem Tag ausschließlich auf Stör zu fischen und die Lachse Lachs sein zu lassen. Wir fuhren nicht zu üblichen Stelle, wo alle anderen Boote ins Wasser gelassen wurden, sondern weiter durch den Wald, bis wir an einer kleinen Bucht ankamen. Diese Stelle wird nur von den Indianern genutzt, da sonst keiner die Stelle kennt, an der man zum Hauptstrom durchstoßen kann. Wir tasteten uns gemächlich heran und nach etwa einer halben Stunde öffnete sich der Fluss in einer unendlichen Breite, die mehr an einen gewaltigen See erinnerte.

In der Nähe eines felsigen Uferabbruches ankerten wir und legten die Köder aus! Keine 10 Minuten später ging ein ganz leichtes Wippen durch meine Rutenspitze! Wenn diese gewaltigen Störe beissen, sieht es für uns Mitteleuropäer eher aus, als würde ein „Rotauge“ am Köder nippen. Rute in die Hand nehmen und beim nächsten merklichen Zug voll „durchziehen“! Zug – Anschlag – der sitzt!

Tja das Problem war lediglich, dass ich diesen Fisch weder halten noch dirigieren konnte. Plötzlich beschloss er in Richtung Boot zu schwimmen! Mir ging nur ein Gedanken durch den Kopf – die Ankerleine! Ich rief dem Guide zu – Anker lichten – der Stör kommt auf uns zu! Jedoch zu spät – ich knallte die Sternbremse der PENN-Multi zu und versuchte den Fisch mit Gewalt von der Ankerleine fernzuhalten. Als ich vom Gegner am Haken über das gesamte Boot geschleift wurde, war mir klar, dass ich diesen Fisch nicht halten kann! Der offensichtlich sehr erfahrene Stör schwamm 2 Runden um die Ankerleine und dann in aller seelenruhe davon! Ich glaube er hat nicht einmal bemerkt, dass er die 80er Geflochtene wie Zwirn abgerissen hatte. Tja der Erfahrung der Guides zufolge war das ein weißer Stör mit etwa 150 – 200 kg! Schade, aber bei so einem Drill wird jeder noch so kleine Fehler mit dem Verlust des Fisches bestraft!

OK! Nächster Versuch – auswerfen und warten! Unglaublich, aber nach etwa 30 Minuten folgte der nächste Biss! Anschlag – Fisch hängt! Eine gewaltig Kraftprobe startete von Neuem! Aber diesmal ging der Kampf zu meinen Gunsten aus! Ich schaffte es, den größten weißen Stör der Reise zum Boot zu bringen. Nach 30 Minuten Drill auf „biegen und brechen“ sah ich den Stör neben dem Boot: Länge ca. 2,30 Meter – Gewicht geschätzte 120 kg. Da es in der Nähe keine Möglichkeit gab, den Fisch an Land zu bringen, schoss ich schnell ein Foto vom gewaltigen Kopf des Störes. Der anschließende Versuch den Fisch mit dem Boot 500 Meter flussaufwärts zu schleppen misslang und mit einem kräftigen Flossenschlag verabschiedete sich der wunderschöne Gigant!

 

Springener Stoer_01

 

Stoer_02

 

Das ist das Problem mit den Stören! Bereits etwa 2 Minuten nach dem Drill sind sie wieder im Vollbesitz der Kräfte und kämpfen weiter – da sind Waller bei weitem angenehmere Fotopartner.

Im Laufe dieses Tages konnte ich noch weitere 3 Störe bis ca. 45 kg landen. Diese Investition hatte sich gelohnt!

Die nächsten beiden Tage verbrachte ich beim Fliegenfischen auf Rotlachs, Cutthrought trout und Dolly Warden. Besonders die Tour zum Quellgebiet des Pitt River war ein weiteres highlight der Reise. Glasklares türkisgrünes Wasser und unendliche Einsamkeit inmitten Kanadas Wildnis. Mir gelang es zwar einige Cutthrought trouts und Dolly Warden – Saiblinge zu landen, Rotlachs an der Fliegenrute war mir jedoch keiner vergönnt. Aber die Natur und die über uns kreisenden Seeadler trösteten mich leicht darüber hinweg.

 

Fluss_01

 

Am 19. August 2002 trat ich schließlich mit 4 Lachsen im Gepäck meinen Rückflug über Montreal nach Wien an.

 

FAZIT:

 

Ein Fischerreiseerlebnis der ganz besonderen Art, das ich nur jedem Fischer zu 100% empfehlen kann! Lachs- und Störfischen der Extraklasse! High-end-Angebot für den verwöhnten und anspruchsvollen Fischer. Das Service lässt keine Wünsche offen! Auf jeden noch so ausgefallenen Wunsch – im Bezug auf die Fischerei – wird eingegangen. Es muss jedoch der Ehrlichkeit halber angemerkt werden, dass die Reise nichts für den „kleinen Geldbeutel“ ist. Qualität hat halt ihren Preis!

 

INFORMATION:

FRASER RIVER FISHING LODGE

www.fraserriverlodge.com

 

Der Inhaber der Lodge –  Frank STAIGER – ist gebürtiger Deutscher, der sich in Kanada im wahrsten Sinne des Wortes einen Lebenstraum erfüllt hat!

© Wilfried Brocks 2002